Ein Bikepacking Event nur für Frauen – ist das wirklich nötig? Oh ja, diese Events braucht es – um das gängige Bild über Frauen zu verändern und wirklich etwas zu bewegen. Denn eine alleine macht noch keinen großen Unterschied – aber 50 Mädels im Pulk auf so einer anspruchsvollen Route wie der Turin Nizza Ralley schon. Das fällt auf, das macht Laune und vor allen Dingen: es hinterlässt einen bleibenden Eindruck. I love it. Lest hier meinen Nachbericht zur Komoot Women’s Turin Nizza Ralley 2022.
Das erwartet Euch in diesem Artikel:
Was ist die Turin Nizza Ralley eigentlich?
Die Turin Nizza Ralley ist ein Bikepacking Event, das von James Olsen ins Leben gerufen wurde und über alte Handelswege und Militärstrassen von Turin über die Seealpen nach Nizza führt. Dieses Event ist kein Race, sondern eine Ralley. Das bedeutet, dass es keine Zeitnahme gibt und die Teilnehmer auch keinen Tracker mit sich führen.
Die Key Facts zur Strecke


Distanz: 622 km


Anstieg: 17.490 hm


Höchster Punkt der Tour: Col d'Agnel (2.744 m)


Dauer: 7 Tage
Die Route
Die Route führt über einige der schönsten Pässe, die die Alpen zu bieten haben. Ideal für alle Pässe-Sammlerinnen unter Euch. Dazu gehören
- Colle del Colombardo (1.886 m)
- Colle del Finestre (2.178 m)
- Colle dell' Assietta (2.472 m)
- Col de Mont Genèvre (1.854 m)
- Col d'Izoard (2.360 m)
- Col d'Agnel (2.744 m)
- Col de Preit (2.083 m)
- Colle di Sampeyre (2.284 m)
- Colle di Tenda (1.871 m)
- Colle di Turini (1.607 m)
Entsprechend zackig gestaltet sich das Höhenprofil:
Die Komoot Women's Turin Nizza Ralley
Die von James gescoutete Route gilt als eine der schönsten Bikepacking Touren in Europa. Entsprechend habe ich sie schon seit Jahren auf dem Schirm. Um so glücklicher bin ich, dass ich meinen Saisonabschluss 2022 im Rahmen der Komoot Women’s Turin Nizza Ralley fahren darf – Ein Bikepacking Event von Frauen für Frauen, das von Lael Wilcox angeführt wird und auf der Originalroute von James entlang läuft.
50 Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten
Das tolle dabei ist, dass sich 50 Frauen aus 15 verschiedenen Nationen zusammenfinden, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Denn die Erfahrungen, das Alter, die Fitness, die Ausrüstung, die beruflichen und familiären Hintergründe, die eine jede von uns mitbringt, sind total verschieden. Da sind zum Beispiel:
- Lei aus Dänemark, Mutter eines sechs Monate alten Babies, die sich die Zeit rausschneidet, um mit uns zu fahren
- Caz aus Frankreich, die dort ein Restaurant betreibt und noch nie zuvor auf einem Bikepacking Trip war
- Violette aus Rwanda, die den weiten Weg auf sich genommen hat, um mit dabei sein zu können und so ihren größten Traum wahr werden zu lassen
- Paula aus Columbien, die gerade in der Ultra Cycling Szene Fuß fasst
- Abigale aus den USA, die zum ersten Mal in Europa unterwegs ist - natürlich auf dem Bike!
- Iris aus Holland, Ex-Rennrad-Profi mit coolem Style und eigenem Label für Cycling Klamotten ( Jetzt auschecken unter 👉 IRIS)
Und ich, mittendrin unter all diesen tollen, lustigen Ladies, die sehr verschieden, aber durch ein gemeinsames Ziel vereint sind: sich aufzumachen, ein großartiges Abenteuer zu erleben, Spass zu haben, sich auszutauschen und voneinander zu lernen.

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Mein Reisebericht
Tag 1: Lets rumble - auf gehts!
Aufregung liegt in der Luft, als wir uns auf den Weg machen. 50 Bikepackerinnen rollen aus Turin – die Bundesstrasse führt schnur gerade hinaus. Was für ein Anblick! Doch der erste Paukenschlag wartet schon auf uns.
🔥 Bähm! Mit nem Hammer geht es los.
Der Colle del Colombardo liegt direkt vor uns, eigentlich der anspruchsvollste Berg von allen. Auf grob-schottrigen Wegen mit vielen extrem steilen Passagen geht es in der Mittagshitze nach oben und zieht das Feld ganz schön auseinander. Kirsten, Abbey, Iris und ich sind die ersten auf dem Gipfel, feiern diesen gemeinsamen, ersten Gipfelmoment miteinander und bilden ab da ein Team: Iris’ Gang.
Colle del Colombardo (1.886 m)
Snack Attack in Condove
Die Abfahrt führt über 1.700 Höhenmeter hinunter nach Condove, wo wir erst einmal den Supermarkt leer räumen. Wir wollen die Nacht auf einem Wildcamping-Spot am Anstieg des nächsten großen Berges der Tour verbringen. Entsprechend müssen wir die Gelegenheit nutzen, uns mit Proviant einzudecken.
Tag 2: Schotter-Pässe sammeln
Der Anstieg zum Colle del Finestre hinauf ist traumhaft – zunächst führt die Strasse noch über Teer und schließlich über Schotter mit sehr vielen Spitzkehren hinauf. Ein toller Blick, wenn man nach unten zurück schaut. Am Gipfel oben angekommen, warten wir auf die anderen Mädels, die mit uns am Campspot übernachtet haben. Ein lautes Jubeln für jede, die den Anstieg meistert und ein gemeinsames Mittagessen in der Berghütte Ristoro Alpe Pintas. Das sorgt für gute Stimmung.
Colle del Finestre (2.178 m)
Strada Assietta Kammstrasse , ein absolutes Gravel Highlight
Es folgt die Strada Assietta Kammstrasse, ein absolutes Gravel Highlight, die auf dem Susa / Chisone Gebirgskamm entlang läuft und zum Colle del Assietta führt. Auf der Ebene oben passieren wir schließlich den Monte Genevris und den Col Basset. Es geht über Sestriere hinunter ins Tal. Ein letzter Anstieg auf Teerstrassen führt durch ein altes Passtunnel nach Montgenèvre hinauf, wo wir das erste Mal die Grenze zu Frankreich passieren.
Kurz vor Briacon machen wir Halt auf einem Campingplatz. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, ist uns elendig kalt: Der Frost hat Einzug gehalten, die Zelte sind nass und mit kleinen Eisstückchen behaftet. Brrrr…
Tag 3: Morgens auf den Col d’Izoard, mittags auf den Col ‘Agnel
Die Auffahrt zum Col d’Izoard (2.360 m) lässt uns warm werden. Der Anstieg ist lang und eher unangenehm. Es sind aufgrund einer Motorradmesse sehr viele, sportlich fahrende Motorradfahrer unterwegs. Oben am Pass ist Baustelle, ein buntes Treiben von Autofahrern, Motorrädern, Wanderern und Radfahrern. Es gibt keinen Grund, hier länger zu verweilen. Die Abfahrt führt über eine tolle Serpentinenstraße durch die wilde Steinwüstenlandschaft “La Casse Deserte” und entschädigt für den Trubel oben am Gipfel.
La Casse Deserte
Es folgt der Anstieg zum Col d’Agnel, dem höchsten Punkt der Tour
Durch einsames Gebiet schlängelt sich die Passstraße zum Col d’Agnel nach oben. Total beeindruckend! Der Col d’Agnel ist mit einer Höhe von 2.744 m der höchste Punkt der Tour. Hier liegt auch die Grenze zwischen Italien und Frankreich. Die Abfahrt auf Teer ist ultraschnell. Wir sausen hinab und gönnen uns in Sampeyre ein Hotel, um unsere Zelte zu trocknen und unsere Sachen zu waschen. Wir geniessen das Dinner im Restaurant. Uns geht’s gut 🙂
Tag 4: Bombastisch: Die Strada Cannoni
Alter. Was geht ab. Ich huckel und ruckel am Tag 4 die Strada Cannoni hinunter, die Abfahrt vom Colle di Sampeyre. Ich weiß nicht, ob es besser ist, schneller und mit Schwung über die groben Brocken drüber zu poltern und die Linie zu suchen oder gleich abzusteigen und zu schieben. Die Abfahrt vom Colle di Sampeyre ist auf jeden Fall ziemlich aufregend und technisch sehr anspruchsvoll. Ist das noch Gravel oder MTB? Diese Frage kann ich klar mit – das ist MTB – beantworten. Ich bin Gott froh, dass ich meine 2,25” Mountainbike Reifen aufgezogen habe. Da haben wir uns das ausgiebige Päuschen im Café wohl verdient.
Tag 5: Little Peru ist mein persönliches Highlight der Tour
Nach einer weiteren Nacht auf dem Campingplatz machen wir uns auf, den Col de Preit zu erklimmen. Die Passstrasse führt auf Asphalt nach oben und geht schließlich auf Schotter über in die sogenannte Altopiano della Gardetta – auch “little peru” genannt. Brutal schön, eine perfekte Gravellandschaft, die sich hier oben auftut. Ein unendlicher Spass bei diesem Panorama um die Kurven zu flitzen. Mein absolutes Highlight der gesamten Tour.
Tag 6: Vollgas Regen am Tende!
Ja, das gehört auch dazu. Kurz nach Verlassen unseres Campingplatzes in Limone spüren wir die ersten Regentropfen auf unserer Haut. Bald schüttet es ordentlich von oben auf uns drauf. Doch wir fahren tapfer auf der Via del Sale weiter an alten Militärruinen vorbei, die beeindruckend groß und öffentlich zugänglich sind. Die Strasse führt über mehrere kleinere Pässe weiter. Über einen holprigen Schotterweg fahren wir schliesslich ab und treffen Emma, die an diesem Tag zu uns dazukommt. Den Rest des Tages verbringen wir beim Chillen und Sachen sortieren in einem einfach Hotel in Saint-Dalmas-de-Tende.
Tag 7: Über den Dächern von Nizza
Der letzte offizielle Tag unserer Tour. Wehmut liegt in der Luft, als wir uns an diesem Morgen aufmachen. Wir sind kurz vor Nizza und haben es fast geschafft. Es folgen an diesem Tag der Anstieg zum Col de Turini, der wohl bekannteste Pass in den französischen Seealpen. Über den Col de Braus, geht es weiter zum vereinbarten Campspot für diese Nacht. Die Namen aller Teilnehmer der Komoot Women’s Ralley sind mit Kreide auf die Straße gemalt – was für ein wunderbare Motivation auf dem Weg nach oben.
Wir suchen uns “über den Dächern von Nizza” ein Plätzchen für die Nacht. Nach und nach trudeln alle Mädels ein. Jede einzelne wird dabei mit einem lauten Woohoo willkommen geheißen. Wir sitzen zusammen, geniessen den Sonnenuntergang, teilen unser Essen, lassen die lustigsten Sequenzen der letzten sieben Tage Revue passieren und stoßen mit einem Bierchen auf unser gemeinsames Abenteuer an. Danke Komoot!
Tag 8: Willkommen an der Côte d’Azur
Am nächsten Morgen rollen wir weiter. Die letzten beiden Pässe Col de la Madone de Gorbio und Col d’Èze liegen bald hinter uns. In Nizza springen wir gemeinsam ins Meer und kommen schliesslich am vereinbarten Treffpunkt an, wo die Komoot Women’s Turin Nizza Ralley endet.
Fazit - Komoot Women's Turin Nizza Ralley
Die Komoot Turin Nizza Ralley war mega! Ich hab tolle Frauen kennengelernt, die mit wahnsinnig viel Herzblut, Schweiss, Spass und Biss über die Berge geradelt sind. Für mich war es toll, Teil dieses Teams gewesen zu sein. Das war Besonders. Ich wurde ganz oft angesprochen, was das für eine Tour sei. Den Satz “Hast Du gesehen, das waren alles Frauen?” hab ich nicht nur einmal beim Vorbeifahren an anderen Gruppen gehört. Das Auge ist es also noch nicht gewohnt, dass Gruppen von Frauen zusammen fahren.
Braucht es also diese Frauen Events? Ja. Definitiv. Denn gemeinsam können wir das gängige Bild, das wir zu sehen gewohnt sind, verändern.
Ladies, auf geht’s also: Raus aus dem Windschatten und rein ins Abenteuer mit Euch!!
Weitere Inhalte, die Euch interessieren könnten:
- Graveltime – Der Gravel Podcast – hier berichte ich über die Komoot Women’s Turin Nizza Ralley
- Der Film: viel Spass beim Anschauen

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Foto Credits: Danke, dass ich Eure Fotos nutzen darf!
- Rue Kaladyte
- Iris Slappendel
- Emma Pooley
- Louise Philipovitch
- Kirsten Nachtigall
- Abigale Youcha
3 comments
Super Bericht, tolle Fotos, klasse Event. Na klar braucht es reine Frauenevents.
Wahrscheinlich wäre es ohnehin besser, die Events auf eine bestimmte Gruppe zu beschränken. Wenn hunderte BikerInnen durch dasselbe Waldstück ballern, wächst da vermutlich nicht mehr viel.
Ich finde das aber auch unabhängig davon eine schöne Vorstellung so unter Gleichgesinnten : Z.B. RentnerInnen (ich gehöre bald dazu), Transgender, Schwule/Lesben etc.
Danke für diesen grandiosen Tourenbericht. Macht sofort Bock loszuradeln 😀👍
Und JA, ich würde die Tour auch fahren wollen – vermutlich aber lieber auf einem MTB 🙃
Der Satz “ schau mal, das sind alles Mädels“ kenne ich zu gut. Uns ging es ähnlich: 2020 beim MTB-Alpencross – 4 Mädels auf Transalp. Witzigerweise würden wir auf Hütten oft empfangen mit „schau, da kommen die Mädels“. Irgendwer hatte uns meist schon angekündigt 😜
Einerseits fand ich’s seltsam, dass es erwähnt werden musste, andererseits fand ich’s toll, dass es aufgefallen ist und wahrgenommen wurde. Keine Frau braucht einen männlichen Guide um über die Alpen zu kommen und geile Trails zu fahren – das können wir genauso gut. Vermutlich sogar mit mehr Spaß, da oft die Verbissenheit fehlt die Etappe vor 17 Uhr beendet zu haben.
Hi Caro,
danke für den super Kommentar, ich bin da GENAU DEINER MEINUNG! So ist es. Der Spass stand im Vordergrund gepaart mit sportlicher Leistung. Denn das eine schliesst das andere nicht aus. Ich freu mich schon auf die nächste Saison, es gibt was zu tun 🙂
Viele liebe Grüße
Sara